Verdacht auf Kindesmisshandlung – was tun?

20. September 2019

Ein schreckliches Thema! Aber Wegschauen bringt nichts. Praxismitarbeiterinnen und -mitarbeiter können dabei helfen, Misshandlungen aufzudecken, so dass die Kinder Hilfe bekommen. Sie sind die erste Kontaktperson in der Praxis für Eltern und Kinder, beobachten sie länger und besitzen oft andere Informationsquellen als die Ärztin oder der Arzt. Was tun, wenn der Verdacht besteht, dass hier ein Fall von Misshandlung oder Missbrauch vorliegen könnte?

Bei jedem Verdacht, sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Behandelnden unauffällig darüber informieren. Viele unterschiedlich alte Hämatome oder ungewöhnliche Verletzungsmuster können verdächtig sein. Manchmal bemerkt man auch nur ein ungewöhnliches Verhalten.

Die Kinderschutzleitlinie hilft weiter. Sie befasst sich nicht nur mit körperlicher Misshandlung, sondern auch mit emotionaler oder körperlicher Vernachlässigung und dem sexuellen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen. Alle diese Handlungen sind gewichtige Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung – und das hat für die Arztpraxis eine wichtige Konsequenz. Zur Abwendung der Gefährdung eines Kindes sind Geheimnisträger wie Ärztinnen und Ärzte oder MFA befugt, das Jugendamt über den Verdacht zu informieren.

Natürlich ist es nicht sinnvoll, das Jugendamt hinter dem Rücken der Eltern wegen jedes blauen Flecks einzuschalten. Die Leitlinie beschreibt auf 358 Seiten (Suchfunktion nutzen!), wie in welchen Situationen vorgegangen werden kann. Um niemanden falsch zu verdächtigen, sind oft eine umfassende Diagnostik und das Sammeln von Fakten durch weitere Untersuchungen (Blutgerinnung, Röntgen) sinnvoll.

Was spricht für eine Misshandlung?

Ein gewichtiger Anhaltspunkt für eine Kindesmisshandlung besteht, wenn Kinder und Jugendliche selbst darüber berichten oder wenn es Aussagen von Dritten gibt. Dann besteht Handlungsbedarf! In der Arztpraxis können Verletzungshinweise oder andere Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen zu dem Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung führen. Es ist auch typisch, dass die Beschreibung des angeblichen Unfalls nicht richtig zu den Verletzungen passt oder dass die Geschichte sich bei jedem Erzählen verändert. Egal, was zu dem Verdacht führt: Es ist wichtig, die Einzelheiten schriftlich und fotografisch zu dokumentieren.

Bei bis zu 90 Prozent der Opfer von körperlicher Misshandlung bestehen Hautbefunde. Dazu gehören neben Hämatomen auch Schnittwunden, (orale) Verletzungen, Verbrennungen, Verbrühungen, Bissspuren oder auch traumatischer Haarverlust. Misshandelte Kinder haben häufig Verletzungen unterschiedlicher Abheilungsstadien – etwa unterschiedliche gefärbte Hämatome. Ein Merkblatt zeigt auf, in welchem Alter und bei welchen Lokalisationen Hämatome für eine Misshandlung sprechen.

Zur Kinderschutzleitlinie gehört auch eine bunte Fassung für Kinder, die über Misshandlungen und Hilfsangebote informiert. Außerdem gibt es eine kleine Anleitung für die Gesprächsführung mit Kindern und Jugendlichen.

Ruth Auschra

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