Nichts bereut und Vorteile des PNP-Vertrags genutzt

16. Dezember 2019

Als Ärztlicher Direktor und Chefarzt einer Klinik den Sprung in die Niederlassung zu wagen ist nicht jedermanns Sache. Tatsächlich ist das wirtschaftliche Risiko jedoch überschaubar, sagt Professor Dr. Axel Riecker, Facharzt für Neurologie, der letztes Jahr eine alteingesessene Praxis in Ulm übernommen hat.

Der „Grad der Selbstständigkeit“ als niedergelassener Arzt sei einfach größer, berichtet Riecker. „Als Chefarzt hat man immer noch einen Verwaltungsdirektor, der unter Umständen noch häufig wechselt, wenn man Pech hat.“ Er brauche niemanden, der ihn antreibt. „Für mich ist es optimal, mein eigener Chef zu sein und auch wirtschaftlich entscheiden zu können“, sagt der 50-Jährige, der zuletzt Ärztlicher Direktor einer Klinik  für Neurologische Frührehabilitation in Köln war.

In Ulm, wo Riecker zuvor bereits mehrere Jahre als Oberarzt an der Neurologischen Universitätsklinik tätig war, übernahm er im Januar 2018 von Dr. Michael Jöstingmeier, der in den Ruhestand ging, die Praxis. „Für mich war das ein Glücksfall. Und wenn man im Vorfeld gut beraten wird, ist das Wagnis kalkulierbar“, erklärt Riecker.

Die Praxis war eine Gemeinschaftspraxis mit einem ganzen Sitz Neurologie und einem halben Sitz Rehabilitationswesen. Entsprechend hoch waren die Fallzahlen. „Wenn man als Einzelner wie ich die hohen Fallzahlen hält, kommt man rasch an Plausibilitätsgrenzen“, erklärt Riecker. Schon bald wurde ihm durch die KV geraten, „jemanden“ einzustellen.

Regressrisiko dank PNP-Vertrag minimiert
In dieser Situation hat sich Riecker Rat bei Kollegen und beim MEDI Verbund gesucht. Die fundierten Informationen, die er dort zum PNP-Vertrag bekam, waren für ihn Grund genug, sich ebenfalls einzuschreiben. „Dort weiß ich von vornherein, was ich beispielsweise für die Behandlung eines Patienten mit Parkinson bekomme. Ich werde nicht gedeckelt und nicht abgestaffelt“, so Riecker.

Von den Patienten, die in seiner Praxis für Neurologie und Geriatrie versorgt werden, sind etwa 650 in Hausarztverträgen und davon etwa 250 im Facharztprogramm der AOK Baden-Württemberg und der Bosch BKK eingeschrieben. Das Honorar für diese Patienten liege etwa 30 Prozent höher als in der Regelversorgung. Ein weiterer Vorteil: Durch die Teilnahme sei die Praxis im KV-System bezüglich der Zeitprofile weniger regressanfällig, weil diese nicht veranschlagt werden.

Engere Zusammenarbeit mit Hausärzten
Abgesehen von der wirtschaftlichen Seite schätze er vor allem die engere Vernetzung mit den Hausärzten, erklärt der Neurologe. „Wenn der Hausarzt mir einen Patienten schickt, kommt der Patient mit einer Diagnose und die Kollegin, der Kollege hat eine genaue Vorstellung. Die Patienten kommen zuverlässig und der Hausarzt kann sich darauf verlassen, dass ich ihm einen Bericht zusende.“ Das trage wesentlich zu einer besseren Versorgung bei, betont Riecker.

Die Vernetzung von Haus- und Fachärzten, in der gewisse Regeln eingehalten werden, sei sinnvoll, meint er. „Der Hausarzt sollte im Normalfall die erste Anlaufstelle für die Patienten sein und entscheiden, welcher Facharzt hinzugezogen wird.“ Diese Patientensteuerung und das höhere Honorar trügen letztlich auch dazu bei, dass er sich mehr Zeit für die Patienten nehmen könne, die das zu schätzen wissen.

Schnelle Terminvergabe selbstverständlich
Der PNP-Vertrag sieht vor, dass teilnehmende Versicherte in der Regel innerhalb von zwei Wochen einen Termin bekommen. Für Riecker ist das kein Problem. „Wir vergeben die Termine unabhängig von Verträgen immer möglichst schnell. Und wenn der Hausarzt anruft, sind auch kurzfristige Termine, wenn notwendig sogar noch am selben Tag möglich.“ Einmal pro Woche gibt es eine Abendsprechstunde bis 20 Uhr.

Viele von Rieckers Patienten sind chronisch krank, haben Parkinson, Multiple Sklerose, sind dement oder haben vaskuläre Erkrankungen und kommen regelmäßig in die Praxis. „Im neurologischen Bereich kann man sehr viel ambulant machen und eine Krankenhauseinweisung, abgesehen natürlich von akut lebensbedrohlichen Fällen, ist meist nicht erforderlich“, betont er. Außerdem seien die Kliniken ohnehin so überlastet, dass man als Patient nur schwer einen zeitnahen Termin bekommt.

Jürgen Stoschek

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